KW 15Die Woche, in der wir den Koalitionsvertrag analysierten

Die 15. Kalenderwoche geht zu Ende. Wir haben 21 neue Texte mit insgesamt 183.060 Zeichen veröffentlicht. Willkommen zum netzpolitischen Wochenrückblick.

Schwarz-blau-gelbes Fraktal
Fraktal, generiert mit MandelBrowser von Tomasz Śmigielski

Liebe Leser:innen,

als am Mittwoch der Koalitionsvertrag der wohl künftigen Regierungsparteien öffentlich wurde, ging die Redaktion in den Turbo-Modus. Schnell war aufgeteilt: Wer schaut sich welches Thema an? Wer redigiert die einzelnen Abschnitte? Wer bügelt die Formatierung und pflegt den Text ein? Und so dauerte es gerade einmal vier Stunden vom Erscheinen des 144-seitigen Papiers bis zu unserer ausführlichen Analyse.

Wenn man so hochkonzentriert und emsig an einem Text arbeitet, bleibt kaum Zeit, um all die Vorhaben von Union und SPD mal sacken zu lassen und in Gänze zu verarbeiten. Doch die Realisierung kam bei mir schon auf dem Nachhauseweg. Das werden ganz schön harte Jahre für Grund- und Freiheitsrechte. Die Liste ist lang: Vorratsdatenspeicherung, jede Menge Biometrie, mehr Befugnisse für Geheimdienste und weniger Kontrolle.

Mein Kollege Markus Reuter hat am Donnerstag einen ermutigenden Kommentar geschrieben. Denn jetzt kommt es einmal mehr auf die Zivilgesellschaft an, laut zu sein und sich dem Abbau von Grundrechten mit aller Kraft entgegenzustellen. Das wird nicht einfach.

Mögen sich verständliche Enttäuschung und Resignation in Empörung und Mut wandeln. Denn es geht nicht nur um die nächsten vier Jahre schwarz-rote Regierungszeit. Es geht um eine freie und demokratische Gesellschaft, auch lange nach der Amtszeit eines Bald-Kanzlers Merz.

Habt ein gutes Wochenende!

anna

Banner mit Text: Koalitionsvertrag so: Überwachung und Rückschritt Ich so: Spende an netzpolitik.org

Deutschland„Pressefreiheit rund um Nahost-Berichterstattung unter Druck“

Reporter ohne Grenzen beklagt die Zunahme körperlicher Angriffe auf Journalist:innen in Deutschland. Neben rechtsradikalen und verschwörungsideologischen Protesten seien vor allem Demos zum Nahostkonflikt gefährlich für Medienschaffende. Bei dem Thema sei zudem der Meinungskorridor innerhalb von Redaktionen verengt.

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Protestbewegung in Serbien3.032 Zeugenaussagen zur Schallwaffe von Belgrad ausgewertet

Die serbische Zivilgesellschaft fordert weiterhin Aufklärung über den Einsatz einer unbekannten Waffe gegen eine friedliche Großdemonstration im März. Dafür hat sie umfangreiche Zeugenaussagen von Betroffenen vorgelegt – und eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingereicht.

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Predictive PolicingGroßbritannien will berechnen, wer zum Mörder wird

Die britische Regierung lässt an einem Programm forschen, das vorhersagen soll, ob eine Person zum Mörder wird. Für die Studie führen Forscher:innen persönliche Daten von hunderttausenden Menschen zusammen – unter anderem, ob sie Opfer häuslicher Gewalt wurden und an welchen psychischen Erkrankungen sie leiden.

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Elektronische PatientenakteFachleute zweifeln weiterhin an Sicherheitsversprechen

Der bundesweite Rollout der elektronischen Patientenakte wird erneut verschoben. Auf die erste Testphase soll nun eine gestaffelte Hochlaufphase folgen. Zugleich versichert Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach, dass die erste Testphase zufriedenstellend verlaufe und Sicherheitsprobleme behoben seien. Expert:innen haben daran jedoch ihre Zweifel.

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Neues aus dem Fernsehrat (111)„Es braucht öffentlich-rechtliche Regenmacher“

Welche Potenziale für „Public Value“, also die Förderung demokratischer Öffentlichkeit, gibt es für das ZDF im digitalen Zeitalter auch jenseits programmlicher Angebote? Diese Frage hat ein fünfköpfiges Professor:innenteam im Auftrag des ZDF-Verwaltungsrats untersucht. Ein Interview mit Studienleiter Frank Lobigs anlässlich der Vorstellung der Studie.

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„Pall-Mall“-ProzessStaaten wollen weiter hacken, aber mit Regeln

23 Staaten haben sich im Rahmen des „Pall-Mall“-Prozesses auf eine unverbindliche Vorschlagsliste geeinigt, um die Verbreitung von Schadsoftware wie Staatstrojanern und anderen Hacking-Werkzeugen einzudämmen. Experten bewerten die Ideenliste zwar positiv. Praktische Auswirkungen wird die Verabschiedung der Regeln aber nicht entfalten.

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2 Ergänzungen

  1. Doch wieder eine Vorratsdatenspeicherung?

    Stand: 12.04.2025 12:48 Uhr

    Die neue Regierungskoalition will die Befugnisse der Sicherheitsbehörden erweitern. So sollen künftig IP-Adressen für drei Monate auf Vorrat gespeichert werden. Ist das rechtlich überhaupt möglich?

    https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/vorratsdatenspeicherung-datenschutz-100.html

    Es wäre klug, jetzt zum Thema „Vorratsdatenspeicherung“ mit einer eigenen Artikelserie(!) herauszukommen.

  2. Man lasse sich einmal die Dokumenteneigenschaften des Koalitionsvertrags-PDF im Acrobat Reader anzeigen:

    Erstellt mit: MS Office Word 2007
    Erstellt am: 27.11.2013, 10:26:16 Uhr

    Ich sehe Herrn Schmolke in einer Rumpelkammer an einem altem Compaq-PC ohne Internetanschluss sitzen und das Dokument bearbeiten …

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